Impfungen bei Nierentransplantation

Welche Rolle spielt die Immunsuppression

Impfungen sind essenzieller Bestandteil unserer Gesundheitsfürsorge. Dies gilt auch und umso mehr für Patienten unter Immunsuppression, also auch für Patienten, bei denen eine Organtransplantation durchgeführt wurde. Impfungen gehören generell zu den wirksamsten Maßnahmen der Gesundheitserhaltung.

 

Eine wichtige Einteilung der Impfstoffe erfolgt in die beiden Kategorien „Totimpfungen“ und „Lebendimpfungen“. Bei der Totimpfung werden nur abgetötete Erreger oder Teile des Erregers zur Impfung verwendet, was bedeutet, der Erreger selbst kann sich nicht mehr vermehren und auch keine Erkrankung hervorrufen. Hiervon abzugrenzen sind die „Lebendimpfungen“, bei denen die Impfung mit einem sogenannten „attenuierten“, also abgeschwächten, aber noch eingeschränkt vermehrungsfähigen Erreger erfolgt.
Es werden dem Körper also tote oder abgeschwächte Krankheitserreger bestimmter Infektionserkrankungen präsentiert, dadurch kommt es zur Antikörperproduktion.
Diese Antikörper schützen dann in Zukunft vor dem Ausbruch dieser Infektionserkrankung. Impfungen sind daher auch beim transplantierten – und durch die Immunsuppression infektanfälligen – Patienten oft sinnvoll, allerdings sind folgende drei Hinweise zu beachten:

1: welcher Impfstoff

Generell sollten bei organtransplantierten Personen nur sogenannte Totimpfstoffe also Impfstoffe, bei denen Eiweiße des Virus gemeinsam mit Hilfsstoffen verabreicht werden, zum Einsatz kommen. Bei einer gesunden Person ist das Immunsystem im allgemeinen in der Lage, mit einem Lebendimpfstoff klar zu kommen, sodass keine Erkrankung entsteht und dennoch gleichzeitig schützende Antikörper gebildet werden. Bei einem geschwächten Immunsystem besteht jedoch die Gefahr, dass sich Erreger unkontrolliert vermehren und die ursprüngliche Erkrankung in Teilen oder sogar in seinem klinischen Vollbild wieder hervorrufen kann.

Impfstoffe, die auf auf der Boten-RNA (mRNA) basieren sind ebenfalls als Totimpfstoffe anzusehen und dürften im Zusammenhang mit Transplantation und unter immunsuppressiver / immunmodulierender Therapie keine Gefahr darstellen. Studien dazu liegen allerdings noch nicht vor.

2: wann impfen

Im Anschluss an eine Organtransplantation dürfen Impfungen in der Regel erst nach einer Wartezeit von mehreren Monaten durchgeführt werden, weil durch die medikamentöse Immunsuppression vorher die Immunantwort vermutlich nicht ausreicht.

Da sich die Intensität der Immunsuppression nach der Transplantation im Zeitverlauf verändert, erwartet man die beste Impfantwort beginnend ab sechs Monaten bis ein Jahr nach Organtransplantation.

Der Zeitpunkt der Impfung sollte mit dem Transplantationszentrum abgestimmt werden. Grundsätzlich ist das Ansprechen auf eine Impfung bei Patienten nach Nierentransplantation durch das Ausmaß an immunsuppressiver Therapie bestimmt, also welche und wie viele Medikamente in welcher Dosis eingenommen werden.

3: wie impfen

Bei Patienten mit Nierentransplantation ist insbesondere eine Unterscheidung in die Zeit vor und nach erfolgter Transplantation notwendig, da sich die empfohlenen Impfungen unterscheiden. Außerdem sollte schon vor einer geplanten Nierentransplantation der Impfstatus des Patienten überprüft und ausstehende Impfungen, insbesondere fehlende Lebendimpfungen, durchgeführt werden.
Es ist hierbei wichtig zu beachten, dass nach erfolgter Lebendimpfung ein Zeitabstand von mindestens drei Monaten bis zur Transplantation eingehalten wird. Weiterhin sollte auch der Impfstatus der Familienmitglieder des Patienten kontrolliert und aufgefrischt werden.
Dies führt zu der sogenannten Herdenimmunität, die den immunsupprimierten Patienten nach erfolgter Transplantation dadurch schützt, dass sein Umfeld geimpft ist und damit nicht als Krankheitsüberträger für den jeweiligen Keim dient.


Liste der nach erfolgter Transplantation sinnvollen Impfungen

Impfungen mit Empfehlung für alle transplantierten Patienten

  • Influenza inklusive Neue Grippe bzw. sog. "Schweinegrippe") - jährlich
  • Tetanus und Diphterie - alle 5 Jahre
  • Polio („Kinderlähmung“) - bei fehlender Grundimmunisierung, beim Erwachsenen keine regelmäßigen Auffrischungen
     

Impfungen für besonders gefährdete transplantierte Patienten

  • Pneumokokken - bei allen Patienten > 60 Jahre oder bei häufigen Atemwegsinfektionen, Auffrischung alle 6 Jahre
  • FSME (Hirnhautentzündung durch Zecken übertragen)- in entsprechenden Risikogebieten
  • Meningokokken (Hirnhautentzündung) - bei akutem Ausbruch mit mehreren Krankheitsfällen in der Umgebung
  • Tollwut - nur bei Biss eines als infiziert angesehenen Tieres
  • Hepatitis A - bei Reisen in Risikogebiete und fehlender Grundimmunisierung
  • Hepatitis B - sollte generell bereits im Vor-Dialysestadium erfolgen
     

Nicht zu empfehlende (Lebend-)Impfungen

  • Masern, Mumps, Röteln
  • Windpocken bzw. Gürtelrose
  • Tuberkulose
  • Gelbfieber - notwendig für Reisen in Regionen in Afrika und Südamerika
  • Oraler Typhusimpfstoff

 

Liste der vor einer geplanten Transplantation sinnvollen Impfungen bzw. Auffrischungen

Impfung bitte nur nach enger Rücksprache mit dem Transplantationszentrum, da eine Immunsuppression innerhalb von drei Monaten nach einer Lebend-Impfung* zu vermeiden ist

  • Hepatitis B
     
  • Hepatitis A
     
  • Tetanus/ Diphtherie
     
  • Pneumokokken - Erreger bakterieller Lungenentzündung 
     
  • Haemophilus influenzae - Bakterien, die auf Schleimhäuten leben und schwere Erkrankungen auslösen können
     
  • Jährliche Grippeschutzimpfung
     
  • Mumps, Masern, Röteln (*Lebendimpfstoff) - bei fehlendem Nachweis der durchgemachten Erkrankung bzw. erfolgter Impfung (wichtig ist der Nachweis von Antikörper-Titern).
     
  • Varizella Zoster Virus (*Lebendimpfstoff) - Windpocken und Gürtelrose auslösendes Virus, Impfung, wenn VZV-Titer negativ.
     
  • in Einzelfällen HPV-Impfung nach Absprache (Humane Papillom-Viren stehen in Zusammenhang mit verschiedenen Warzenbildungen und Gebärmutterhalskrebs)

Impfung zum Schutz vor „Sars-CoV-2“

Bei der Entwicklung eines Impfstoffes für das neuartige Corona-Virus „Sars-Cov-2“ gibt es drei Hauptentwicklungslinien: Impfstoffe mit Vektorviren, Totimpfstoffe mit Virusproteinen oder mRNA/DNA-Impfstoffe. Einen Überblick über die Kandidaten finden Sie hier.


Was wissen wir über mRNA-Impfstoffe

mRNA-Impfstoffe enthalten Genabschnitte des SARS-CoV-2-Virus in Form von messenger-RNA (kurz mRNA), die auch als Boten-RNA bezeichnet wird. Ausgehend von der mRNA werden nach Verimpfung in Körperzellen Proteine hergestellt, die dann das Immunsystem zu einer gezielten Antikörperbildung gegen SARS-CoV-2 und einer zellulären Abwehr gegen SARS-CoV-2-infizierte Zellen anregen und so eine Immunreaktion erzeugen. Eine Immunreaktion anregende Proteine werden als Antigene bezeichnet. Um die Aufnahme durch einige wenige Körperzellen zu ermöglichen, wird die mRNA mit Lipidstoffen umhüllt, sodass sogenannte mRNA-Lipidnanopartikel entstehen. Diese sind auch nach der intramuskulären Injektion stabil und ermöglichen die Aufnahme der mRNA in einige wenige Muskel- und Immunzellen. Studien haben gezeigt, dass die Lipidnanopartikel nicht zytotoxisch (zellschädigend) sind und von ihnen keine Gefahr für den menschlichen Körper ausgeht. In den Zellen wird die Erbinformation, die auf der mRNA kodiert ist, ausgelesen und in Protein übersetzt (translatiert). Das ist ein Prozess, der in Körperzellen auch mit der zelleigenen mRNA abläuft: Bei einigen COVID-19-mRNA-Impfstoffen handelt es sich um Nucleosid-modifizierte mRNA (modRNA), die das SARS-CoV-2-Oberflächenprotein (Spikeprotein) kodiert. Die Verträglichkeit der modRNA ist im Allgemeinen gegenüber nicht modifizierter mRNA verbessert. Das ausgehend von der mRNA gebildete Virusprotein regt als Antigen das Immunsystem des Körpers dazu an, Antikörper gegen SARS-CoV-2 zu produzieren (humorale Immunantwort). Virusproteine können zudem eine T-Zell-Antwort (CD4, CD8) auslösen (zelluläre Immunantwort). Die mRNA der RNA-Impfstoffe wird nach kurzer Zeit von den Zellen abgebaut. Sie wird nicht in DNA umgebaut und hat keinen Einfluss auf die menschliche DNA, weder in Körperzellen noch in Keimbahnzellen. Nach dem Abbau der mRNA findet keine weitere Produktion des Antigens statt. mRNA-basierte Impfstoffe haben den Vorteil, dass eine große Anzahl Impfdosen innerhalb weniger Wochen hergestellt werden kann. Die COVID-19-Impfstoffkandidaten auf mRNA-Basis müssen derzeit bei niedrigen Temperaturen transportiert und gelagert werden (-20 bis -80 Grad C). Bei in Europa zugelassenen Impfstoffen wurde im Rahmen kontrollierter klinischer Prüfungen beim Menschen deren Qualität und Herstellung, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit geprüft.

Quelle: STIKO / RKI 30.12.2020

Was wissen wir über vektorbasierte Impfstoffe?

Vektorbasierte Impfstoffe bestehen aus für den Menschen harmlosen Viren, die gentechnisch so verändert sind, dass sie in ihrem Genom die genetische Sequenz mit dem Bauplan für einen oder mehrere Bestandteile des Erregers (Antigen) enthalten. Die COVID-19-Vektorimpfstoffkandidaten enthalten ungefährliche, gut untersuchte Trägerviren, in deren Genom ein Gen eingebaut wurde, das den Bauplan für das SARS-CoV-2-Oberflächenprotein, das Spikeprotein, enthält. In den Zellen wird die Erbinformation auf dem Gen ausgelesen und in Protein übersetzt (translatiert). Es gibt vermehrungsfähige und nicht-vermehrungsfähige Vektorimpfstoffe, die beide beim Menschen keine Erkrankung auslösen. Die Vektorviren dienen somit als "Genfähre" für das Spikeprotein-Gen. Das ausgehend von dem übertragenen Gen gebildete Spikeprotein regt als Antigen das Immunsystem des Körpers dazu an, Antikörper gegen SARS-CoV-2 zu produzieren (humorale Immunantwort). Zudem kann eine T-Zell-Antwort (CD4, CD8) ausgelöst werden (zelluläre Immunantwort).

Vermehrungsfähige Vektorviren vermehren sich nur für eine begrenzte Zeit im Körper der geimpften Person. Vermehrungsunfähige und vermehrungsfähige Vektorviren werden durch das Immunsystem kontrolliert und eliminiert. Ihre Erbinformation wird nicht in die menschliche DNA eingebaut, weder in Körperzellen noch in Keimbahnzellen. Nach dem Abbau der von den Vektorviren übertragenen Erbinformation findet keine weitere Produktion des Antigens statt.

Vektorimpfstoffe wurden bereits zugelassen (bspw. Ebola-Impfstoffe), ihre Herstellung kann relativ schnell erfolgen. Sie können bei Temperaturen von 2 bis 8 Grad C transportiert und gelagert werden.

Bei in Europa zugelassenen Impfstoffen wurde im Rahmen kontrollierter klinischer Prüfungen beim Menschen deren Qualität und Herstellung, Sicherheit und Wirksamkeit geprüft.



Quelle: STIKO / RKI 30.12.2020

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