Akute Nierenschädigung und extrakorporale (Organersatz-) Therapie

AG Nusshag

Die akute Nierenschädigung („acute kidney injury“, AKI) ist ein klinisches Syndrom, das sich durch einen spontanen Abfall der Nierenfunktionsleistung definiert. Ursachen hierfür sind sehr vielschichtig und nicht selten multifaktorieller Natur.
Sie betrifft ca. 8-15% der ins Krankenhaus eingelieferten Patienten, wobei die jährliche Inzidenz weltweit auf bis zu 100 Millionen Fälle geschätzt wird. Auch in Deutschland nimmt die Diagnose „AKI“ bei stationären Patienten im Jahresdurchschnitt um 11% zu.
Diese frühzeitig zu erkennen und adäquat zu therapieren ist von enormer Relevanz, da selbst moderate Nierenfunktionsverschlechterungen / Nierenschädigungen mit einer erhöhten Krankenhaussterblichkeit einhergehen.

Aber nicht nur die kurzfristigen, sondern auch längerfristigen AKI-assoziierten Krankheitsfolgen in Form von erhöhter Morbidität und Mortalität sowie der Übergang in eine chronische oder sogar terminale Niereninsuffizienz nach überstandener AKI sind alarmierend. Vor allem Patienten auf Intensivstation („intensive care unit“, ICU) stellen ein besonderes Risikokollektiv dar. Bis zu 57% der intensivmedizinischen Patienten entwickeln eine AKI, wobei die Inzidenz der AKI – abhängig von der jeweiligen Fachdisziplin und Krankenhausstruktur – stark variiert. Etwa ein Drittel aller AKI sind einem operativen Kontext zuzuordnen. Die AKI-Häufigkeit beträgt ca. 32% nach kardiochirurgischen, jeweils 20-25% nach abdominal-chirurgischen und orthopädischen sowie etwa 12% nach neurochirurgischen Eingriffen.

Neben großen operativen Eingriffen sind in absteigender Häufigkeit vor allem Schockzustände, Medikamenten-induzierte Schädigungen und Harnabflussstörungen sowohl Risikofaktoren als auch Ursachen der AKI. Aber auch etablierte sowie neuartige onkologische Therapieregime führen durch ihr nephrotoxisches Nebenwirkungsprofil zu einer weiteren Zunahme der AKI-Zahlen. In 50% der Fälle dominiert allerdings die Sepsis (Blutvergiftung) als Ätiologie der AKI auf der ICU. Die AKI-assoziierte Krankenhaussterblichkeit bei Patienten auf Intensivstation ist dabei mit 25-60% seit Jahren unverändert hoch, vor allem bei Patienten mit RRT-pflichtiger AKI.

Je nach fachspezifischem Umfeld und AKI-Ursache, entwickeln 6-20% der Patienten den Bedarf für eine RRT. Ebenso steigt die Häufigkeit von RRT-Anwendungen jährlich um 10%. 12-25% dieser Patienten bleiben auch langfristig abhängig von einem Nierenersatzverfahren.

Zusammenfassend ist die AKI daher eine Krankheitsentität mit weitreichenden Konsequenzen für den individuellen Patienten und stellt Ärzte sowie das Gesundheitssystem vor enorme Aufgaben. Eine bestmögliche Versorgung dieser Patienten ist daher unser oberstes Ziel. Hierfür arbeiten wir an innovativen, neuen diagnostischen und therapeutischen Ansätzen, um das AKI-Management der Zukunft entscheidend zu verbessern.

Unser Bestreben ist es, vor allem auch die Krankheitsentstehung der AKI besser zur verstehen, da es weiterhin an zielgerichteten therapeutischen Optionen mangelt. In enger Kooperation mit den Kollegen der Anästhesiologie, Chirurgie und Inneren Medizin des Universitätsklinikums Heidelberg sowie industriellen Partnern, erforschen wir daher die immunologischen und metabolischen Krankheitsmechanismen der AKI sowie die Entwicklung und Validierung von Biomarkern zur optimierten Diagnostik, Therapiesteuerung und Nierenfunktionsbestimmung.

Ein weiterer Schwerpunkt unseres Teams liegt in der Erforschung, Etablierung und Weiterentwicklung von extrakorporalen Organersatzverfahren bei kritisch kranken Patienten. Hierbei konzentrieren wir uns neben der Anwendungsoptimierung der RRT auch auf weitere extrakorporale Therapien, wie Leberunterstützungsverfahren, Verfahren zur Entfernung von bakteriellen Gift- und Entzündungsstoffen sowie Plasmaaustauschverfahren bei inflammatorischen Krankheitszuständen.

In diesem Kontext untersuchen wir aktuell die therapeutische Wirksamkeit des Plasmaaustausches bei intensivstationspflichtigen COVID-19 Patienten mit SARS-CoV-2-assoziierten Hyperinflammationssyndrom. Erste Daten unserer Arbeitsgruppe lassen ein besseres Überleben dieser Patienten mittels Plasmaaustausch durch Abmilderung der komplexen inflammatorischen Krankheitsprozesse vermuten.

 

Projekt-Leitung


Partner / Kooperation

Klinik für Anästhesiologie, Universitätsklinikum Heidelberg

Klinik für Gastroenterologie, Infektionskrankheiten und Vergiftungen, Universitätsklinikum Heidelberg

Klinik für Herzchirurgie, Universitätsklinikum Heidelberg

RUSH University Chicago, Department of Internal medicine (Prof. Dr. Jochen Reiser)

Universitätsklinikum Essen, Klinik für Anästhesiologie (Prof. Dr. Thorsten Brenner)

Klinikum Stuttgart, Klinik für Nieren-, Hochdruck und Autoimmunerkrankungen (Prof. Dr. Vedat Schwenger)

COS Heidelberg (Dr. Gernot Poschet)

logo